Die neuen Gastarbeiter

Mindelheim – 14 junge Menschen aus der Partnerstadt Sant Feliu de Guíxols gehören seit kurzem zum Mindelheimer Stadtbild wie die Schülerinnen der Maria-Ward-Schule oder die Bauarbeiter in der Maximilianstraße. Rund 1200 Kilometer von ihrer Heimat entfernt lernen die Katalanen Deutsch, um im September eine Berufsausbildung zu starten – ebenfalls im Unterallgäu.

Mindelheim – 14 junge Menschen aus der Partnerstadt Sant Feliu de Guíxols gehören seit kurzem zum Mindelheimer Stadtbild wie die Schülerinnen der Maria-Ward-Schule oder die Bauarbeiter in der Maximilianstraße. Rund 1200 Kilometer von ihrer Heimat entfernt lernen die Katalanen Deutsch, um im September eine Berufsausbildung zu starten – ebenfalls im Unterallgäu. Das außergewöhnliche Projekt führen das Kolping-Bildungswerk, die Stadt Mindelheim und die Agentur für Arbeit gemeinsam durch – den Auftakt machte ein Bewerber-Speed-Dating im Forum.
 
Ihre anfängliche Nervosität ist verflogen, jetzt wollen Jan, Salvador und zwölf weitere Jugendliche aus der Partnerstadt Sant Feliu de Guíxols nur noch ihr Bestes geben. Im Kolping-Kursraum brüten sie über Deutsch-Lehrbüchern, schlagen in Wörterbüchern nach und schreiben Vokabellisten. In ihrer Freizeit erkunden sie Schritt für Schritt ihre neue Heimat Mindelheim. Die jungen Spanier im Alter zwischen 18 und 25 Jahren haben dank einer Kooperation zwischen der Stadt Mindelheim, dem Kolping-Bildungswerk und der Agentur für Arbeit die Chance auf einen Ausbildungsplatz in der Region. Am 1. September geht es los, doch vorher müssen die sprachlichen Hürden überwunden und das Praktikum im künftigen Ausbildungsbetrieb erfolgreich absolviert werden.

Die Praktikumsverträge haben alle bereits in der Tasche, Anfang Juli beginnen die Einsätze in den künftigen Ausbildungsbetrieben. Die 13 jungen Männer und eine junge Frau wollen Maurer werden, Koch, Restaurant- oder Hotelfachleute, Elektriker und Stahlbetonbauer – eine einmalige Chance auf Arbeit und Ausbildung, die ihnen in Spanien verwehrt bleibt. „Krise“, sagt Salvador mit einem Achselzucken. Voraussetzung ist, dass sie die deutsche Sprache lernen. „Das ist sehr schwer“, sagen sie wie aus einem Munde. Die Kursteilnehmer seien hoch motiviert und sehr fleißig, bescheinigt Beate Maier-Graf, Leiterin des Kolping-Bildungszentrums (Foto oben), den künftigen Azubis. Mit Beginn der Praktikumsphase werde die Gruppe weiterhin freitags und samstags den Deutschunterricht besuchen.

Für zunächst zwei Wochen wurden in der Kolping-Bildungsstätte von Montag bis Samstag Vokabeln und Grammatik gepaukt, sonntags die Stadt erobert. „Wir besichtigen Mindelheim und schlafen“, erzählt Jan auf Deutsch. Im Interview geben sich alle die größte Mühe mit der noch ungewohnten Sprache. Hin und wieder dolmetscht Kursleiterin Brigitte Riedmaier.

Brigitte Riedmaier ist die wichtigste Ansprechpartnerin für die 13 jungen Männer und eine junge Frau. „Ich bin nicht nur ihre Deutschlehrerin, sondern auch Mutter und Betreuerin“, sagt sie. In kleinen Gruppen begleitet sie die Spanier zur Polizei, wo sie ihre Aufenthaltsgenehmigung bekommen, oder zur Bank, damit sie ein deutsches Konto eröffnen können. Für alle Fragen hat sie ein offenes Ohr, bietet den Halt, den die Katalanen suchen. Sie vermissen ihre Freunde, ihre Familie, das spanische Essen und den spanischen Sommer.

Hintergrund: Die Idee zu dem Projekt stammt von Stadtrat Roland Ahne und wurde aufgegriffen von Bürgermeister Dr. Stephan Winter. Mit ihrem tatkräftigen Einsatz ermöglichten Alfred Falger, Leiter der Agentur für Arbeit Mindelheim, Thomas Dürr, Teamleiter Arbeitgeberservice, Beate Maier-Graf und Martin Ruf vom Kolping-Bildungszentrum Memmingen, dieses Projekt. Die Stadt, die Agentur und das Kolping-Bildungswerk arbeiten intensiv zusammen, damit das Projekt ein Erfolg wird und jeder Jugendliche die angestrebte Ausbildung auch erfolgreich abschließen kann. „MobiPro-EU ist eine einmalige Chance für die Jugendlichen, aber auch für die Betriebe“ sagt Ursula Götz, Referentin des Kolping-Bildungswerks. „Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Betriebe und die Jugendlichen bei diesem schwierigen Schritt zu unterstützen und ihnen bei der Eingewöhnung zu helfen.“ Für das Kolping-Bildungswerk ist dies das erste Projekt in der Vermittlung von europäischen Fachkräften und Auszubildenden. „Wir wollen uns auch an den anderen Standorten in diesem Bereich engagieren“, so Ursula Götz. In Augsburg führt das Kolping-Bildungswerk ein kleineres Projekt durch.